EINTRACHT Zukunftsprojekt
„Dank der guten Verbindungen zur Dietmar-Hopp- Stiftung wird die Eintracht 93 aus dem Topf „Odenwälder Fußballfonds“ die notwendigen Zuschüsse für eine überdachte Luxustribüne erhalten. Zur Einweihung im Sommer 2018 wird die TSG 1899 Hoffenheim auf dem Walldürner Sportgelände antreten.“ Mit dieser lustigen Ankündigung hatte sich die Eintracht vor einigen Monaten einen gelungenen Aprilscherz auf FB erlaubt. Dabei wurde natürlich auf das demnächst ab 2018 startende große Zukunftsthema des Vereins angespielt: die Tage der ortsbildprägenden Zuschauertribüne auf dem Sportgelände Süd sind leider gezählt, aus bautechnischen Gründen wird hier ein funktionaler Neubau entstehen. Daher: „Den erhabenen Blick von einer Tribüne wird es vorerst dann nicht mehr geben“, kündigt Eintracht-Vorsitzender Jürgen Mellinger an. Denn im Fokus des Umbaus stehen nicht neue Sitzplätze für die leidenschaftlichen Fans der Eintracht-Fußballer, sondern moderne Toiletten und vor allem zeitgemäße Umkleiden für die Sportler. Wie dringend notwendig der Umbau ist, wird bei einem Vororttermin in den Räumen unter der Tribüne deutlich. „Von drei Duschen geht manchmal nur eine, ein andermal kommt nur heißes Wasser“, sagt Mellinger über die verbleibende Umkleidekabine. Eine zweite hat der Verein längst in einen Lagerraum umfunktioniert. Auch dort streikten die Duschen. „Es ist mittlerweile so schlimm, dass die Heimmannschaft auch schon mal im Schiedsrichterraum geduscht hat – nacheinander und jeder nur für eine Minute.“ Mit der gegnerischen Mannschaft im Keller des ehemaligen FC-Kicker- Clubheims zu duschen, kommt für die Eintracht- Spieler derzeit nicht in Frage. „Die haben hier unter der Tribüne ihren Mannschaftsraum, ihre Musik“, erklärt Mellinger.
Für Probleme sorgen aber nicht nur die sanitären Anlagen. Auch die Sprecherkabine, die am oberen Ende der Tribüne über den Sportplatz thront, hat ihren Teil zum Verfall des Gebäudes beigetragen. „Das Sprecherhäusle wurde damals einfach auf die Tribüne draufgesetzt – ohne Statikberechnung“, sagt der Vorsitzende. Mit seinem Gewicht hat es die Armierung heruntergedrückt, so drang schließlich Wasser ins erste Stockwerk ein. Durch die Decke des 1990 eingerichteten Fitnessraums zieht sich direkt unter der Sprecherkabine ein enormer Riss, der provisorisch abgedichtet ist. Jürgen Mellinger:
„Die Sanierung dieses einen Risses hätte rund 10.000 Euro gekostet – das macht einfach keinen Sinn.“ Zu diesem Schluss waren 2013 auch Studenten der Universität Erfurt gekommen, die das Tribünengebäude im Zuge einer Bachelorarbeit als „nicht sanierungsfähig“ bezeichneten. Inzwischen ist die Außenhülle nicht mehr dicht, die Fenster sind nur einfach verglast, die Holzrahmen zerfallen bereits – die Mängelliste ist lang. Und die Stadt hat eine Verkehrssicherungspflicht.
Denn das Sanitärgebäude befindet sich zwar im Besitz der Eintracht, die Anfang der 60er Jahre gebaute Tribünenanlage gehört allerdings der Stadt Walldürn. Die Verwaltung steht also unter Zugzwang, sie hat 45.000 Euro für den Abriss in den Haushalt 2017 eingestellt. „Der Gemeinderat unterstützt das Projekt trotz der klammen Wirtschaftslage der Stadt“, lobt Mellinger, der bei den Beratungen als befangen galt und nicht mit abstimmen durfte.
Die Gemeinde unterstützt die Eintracht außerdem mit einer Bürgschaft, ohne die der Verein keinen Kredit von rd. 300.000 Euro hätte aufnehmen können. Denn den Neubau will man soweit als möglich in Eigeninitiative stemmen, sagt Mellinger: „Das ist ein echtes Generationenprojekt. Aber das, was wir jetzt bauen, muss uns gehören.“ Die Eintracht will den Kredit innerhalb von 30 Jahren zurückzahlen. „Das ist eine Investition in unsere Jugend, die hier weiterhin attraktiven Fußball spielen kann“, so Mellinger. Im Nachwuchsbereich kicken derzeit rund 220 Jugendliche für die Eintracht, 20 Betreuer stehen ihnen zur Seite.
Sie alle werden von dem Neubau profitieren, in dem unter anderem neue Umkleiden, ein Mannschaftsraum, ein Sanitätsraum, eine größere Küche u.a. für Sportfeste und natürlich zeitgemäße Toiletten ihren Platz finden sollen. Die Annehmlichkeiten verteilen sich dabei auf das neu zu errichtende Funktionsgebäude und das ehemalige Fortuna-Clubheim, das bereits umgebaut wird. Der federführende Planer Thorsten Rütter hat dazu ein Gesamtkonzept vorgestellt, bei dem die Gebäude danach optisch eine Einheit bilden. „Wir leisten alle Arbeiten, die wir leisten können“, lobt Vorsitzender Mellinger insbesondere Helfer wie Erich Kozickyj, Thomas Berlinger & Joachim Hilscher, die die Renovierung des Clubheims mit Fleiß und Geschick vorantreiben. Denn: Daran hängt der Zeitplan. Solange die Duschen im ehemaligen Fortuna-Clubheim nicht fertiggestellt sind, kann die Tribüne nicht abgerissen werden. Jürgen Mellinger hofft, dass es im Frühjahr so weit ist. „Das große Ziel ist es, unser Jubiläum „25 Jahre Eintracht“ im Oktober 2018 in den neuen Räumen zu feiern“, gibt der Vorsitzende die Marschrichtung vor. Realistischer – das gesteht er ein – sei aber eine Fertigstellung des neuen
Funktionsgebäudes frühestens gegen Ende 2018.
Dass momentan noch einige Fragen offen bleiben, weiß auch Mellinger. Es sei auch noch nicht abschließend geklärt, wo der Stadionsprecher mit entsprechende Kabine in Zukunft sitzen soll. Und auch die Fans der Eintracht, die sich an einen erhabenen Blick auf ihre Fußballer gewöhnt haben und den Aprilscherz gerne für bare Münze genommen hätten, müssen bangen: Eine neue und sicherlich kleinere Tribüne ist in den aktuellen Plänen (noch) nicht verankert, die Sitzgelegenheit gilt lediglich als „optional“ in späteren Jahren.